2025
ABSTRACT:
Zwei Zicklein in der Seife ist ein poetisch-theoretischer Text, der den Mythos des Sündenbocks als kollektives und persönliches Ritual der Schuldübertragung erforscht. Ausgehend von der biblischen Erzählung der zwei Zicklein im Buch Levitikus entfaltet sich eine vielschichtige Reflexion über Gewalt, Opfer und Reinigung, die sich zwischen Mythologie, Psychoanalyse und künstlerischer Praxis bewegt. Das Gedicht und die begleitende Analyse verbinden spirituelle und materielle Transformationen: von der alttestamentarischen Opferung über Girards Theorie des mimetischen Begehrens bis hin zu den eigenen künstlerischen Prozessen der Autorin, in denen Seife als lebendiges, sich zersetzendes Material dient. Die Arbeit begreift Formlosigkeit als Strategie der Dekonstruktion und als Mittel, das Verhältnis von Schuld, Körper und Autonomie neu zu verhandeln. Zwischen Mythos und Trauma, Kunst und Heilung, entsteht eine essayistische Meditation über Gewalt, Scham und den Versuch, die Kreisläufe kollektiver Schuld zu durchbrechen.